Sentimental Value
Joachim Trier, Norwegen, Schweden, Dänemark, Deutschland, 2025o
Nach langer Abwesenheit und dem Tod seiner Exfrau kehrt der alternde Filmregisseur Gustav Borg nach Oslo zurück, um eine seiner beiden Töchter, einen gefeierten Bühnenstar, als Hauptdarstellerin in einem autobiographischen Spielfilm zu gewinnen. Als die Tochter ablehnt, engagiert Borg einen Hollywood-Jungstar als Ersatz und nähert sich auch seiner anderen Tochter wieder an, die als Kind bei ihm gespielt hat. Das Ringen um den Film legt die alten Familienkonflikte frei.
Vom Namen und Wohnort des Protagonisten über die Konflikte der Kinder mit einem fordernden Vater bis zur Reflexion über den therapeutischen Effekt des künstlerischen Schaffens: Im neuen Film des Norwegers Joachim Trier wimmelt es von Anspielungen auf den schwedischen Jahrhundert-Regisseur Ingmar Bergman. Und doch ist Valeur sentimentale kein Bergman-Abklatsch. Der 51jährige Trier, international seit den Psychodramen Thelma und Louder Than Bombs bekannt, zeigt sich bei seinem siebten Langfilm als Autor und Regisseur, der mit allen Wassern gewaschen ist. Mit erzählerischem Zug, Dialogen voller Subtext und exzellenter Schauspielführung führt er Stellan Skarsgård als alternden Filmregisseur ein, der sich nach dem Tod seiner Exfrau wieder aus dem schwedischen Exil zurück und bei seinen beiden Töchtern in Oslo meldet, von denen er die ältere als mittlerweile gefeierte Theaterschauspielerin für einen autobiographischen letzten Film gewinnen will. Diese eine Tochter wird von Renate Reinsve verkörpert, dem Star von Tiers bislang letzten und besten Film The Worst Person in the World, in dem sie so humorvoll wie berührend eine junge Frau in Liebesnötigen gab. In Valeur sentimentale bietet sie dem Hühnen Skarsgård resolut die Stirn und lehnt sein Angebot rundweg ab – schliesslich ist der Vater vor langem gegangen und hat sich seither herzlich wenig um seine Töchter gekümmert. Diese Ablehnung ruft einerseits Elle Fanning als glamouröse, doch bezaubernd aufrichtige Hollywood-Ersatzbesetzung für die eigene Tochter auf den Plan, andererseits die zweite Tochter, die einst als Kinderdarstellerin beim Vater aufgetreten ist und ihn nicht gleich radikal zurückweisen mag. Das Werben des Alten um die drei jüngeren Frauen führt, frei von jeder Anzüglichkeit, zu einem viellschichten Spiel um Irrwege im Leben und in der Kunst, dessen Schlusspointe auf bezeichnend versöhnliche Art von Bergman abweicht. Valeur sentimentale wurde in Cannes mit dem grossen Preis der Jury ausgezeichnet. Er hätte die Goldene Palme verdient.
Andreas FurlerGalerieo






