Oslo-Stories: Love
Dag Johan Haugerud, Norwegen, 2024o
Marianne, eine pragmatische Ärztin, und Tor, ein einfühlsamer Krankenpfleger, meiden beide herkömmliche Beziehungen. Eines Abends, nach einem Blind Date, trifft Marianne Tor auf der Fähre. Tor, der dort oft seine Nächte verbringt, um zwanglose Begegnungen mit Männern zu suchen, erzählt ihr von seinen Erfahrungen mit spontaner Intimität. Fasziniert von seiner Sichtweise beginnt Marianne, sich zu fragen, ob zwanglose Intimität auch für sie eine Option sein könnte.
Love ist der letzte Teil von Dag Johan Haugeruds Osloer Trilogie über das amouröse und erotische Anything Goes unserer Tage – und wohl der schönste. Noch zwangloser und flüssiger als in den beiden anderen (erzählerisch autonomen) Teilen gelingt ihm hier das Parlando seiner Figuren über ihre Liebeshoffnungen, -konzepte und -erfahrungen, noch schöner sind die urbanen Impressionen, die sich wie Satzzeichen durch das anekdotische Tagebuch ziehen. Im Zentrum stehen eine Ärztin und ein Pfleger in einer Spitalabteilung, in der Männer ihre Prostata-Diagnosen und damit existenziellen Bescheid bekommen. Die Ärztin um die vierzig und der Pfleger um die dreissig sind beide Single, und als die Ärztin realisiert, wie unbeschwert ihr schwuler Kollege mit dieser Situation umgeht und etwa eine Fährverbindung nur nutzt, um Ausschau nach Dates zu halten, beginnt sie auch, vermehrt mit Sex ohne Liebe zu experimentieren. Natürlich kommen der Idee von der maximalen Unverbindlichkeit dann, auf unterschiedliche Art, hartnäckigere Gefühle in die Quere, doch auch da verkneift sich Haugerud jede Melodramatik: Sich selbst zu widerlegen ist kein Drama, das Glück bei hinreichender Offenheit jederzeit überall greifbar und nirgendwo garantiert. Eben: Anything goes, if it goes.
Andreas FurlerGalerieo





