Here
Robert Zemeckis, USA, 2024o
Eine Odyssee durch Zeit und Erinnerung, die sich um einen Ort in Neuengland dreht, an dem sich – zunächst in der Wildnis und später in einem Haus – Liebe, Verlust, Kampf und Hoffnung zwischen Paaren und Familien über Generationen hinweg abspielen.
Dieser Film hatt im Kino einen schweren Stand. Der 72jährige Regisseur von Back to the Future und Forrest Gump als Experimentalfilmer? Und der 68jährige Tom Hanks zuerst als greiser Opa, dann als blutjunger Familiengründer? Das kann wohl nicht der Ernst dieser tricktechnisch versierten Spielberg-Getreuen sein! Ist es aber: Here spielt an einem einzigen Ort, der in einer immer gleichen, starren Einstellung im Wandel der Zeit gezeigt wird. Wo einst Urgewalten tobten und Saurier jagten, zogen später Indigene eine Kind gross, bauten weisse Siedler ein erstes Haus, stand die Stube eines Flugpioniers von 1900, eines hoffnungsvollen Erfinderpaars der 1940er Jahre, eines sauertöpfischen Handelsreisenden der frühen 1960er, seines Sohnes (Hanks) und dessen Frau (Robin Wright), deren Träume teils auf der Strecke blieben. So erzählt, ist das bloss eine sentimentale Parabel über den unerbittlichen Lauf der Zeit und eine gehörige Portion amerikanischer Bürgerlichkeit, die ihr mit Verlässlichkeit trotzt. Weil die Handlung jedoch unvorhersehbar zwischen den Zeiten hüpft und sich vielfach Zustände von früher oder später ins Gegenwartsbild fressen, entstehen reizvolle Nebeneffekte: Das Sofa, das da noch der letzte Schrei war, ist dort schon antiquiertes Requisit, der Fauteuil-Designer der 1940er ist vielleicht eine Nachfahre des Erfinders Benjamin Franklins (der einzigen historisch verbürgten Figur des Films), der seinerseits ungleich rebellischer war als sein Sohn. So eröffnet das Spiel mit den Zeiten ständig neue Bezüge und fordert Augen und Kopf heraus. Gar nicht so simpel, wie es den Anschein macht.
Kerstin Blank