Conte d'été
Éric Rohmer, Frankreich, 1996o
Der schüchterne Studienabgänger Gaspard wartet an einem Strand in der Bretagne auf Lena, von der er nicht recht weiss, ob sie seine Freundin ist. Dabei lernt er die einfühlsamen Margot kennen, die mehr von ihm möchte. Während er sie noch zurückweist, ist es um Gaspards gute Vorsätze geschehen, als ihn Margot der temperamentvollen Solène vorstellt. Solène erklärt Gspard zu ihrer Sommerliebe, just da taucht Lena doch noch auf.
In der klassischen Tragödie ist die Blindheit des Helden der Motor der blutigen Tat. Bei Rohmer ist sie die Ursache seines Zögerns, seines Herumirrens zwischen den Möglichkeiten, die der Zufall ihm bietet. Rohmers Figuren sehen den Wald vor lauter Bäumen nicht.
Das macht sie komisch. Statt kopfüber in den Fluß des Lebens zu springen, halten sie verzagt einen Zeh hinein, um zu prüfen, ob das Wasser warm genug ist. Darin gleichen sie uns aufs Haar. Nur daß ihre Geschichten besser konstruiert sind. Der Augenblick der Entscheidung, im wirklichen Leben meist unsichtbar, wird bei Rohmer glasklar herauspräpariert. Seine so zerstreut und sprunghaft wirkende Inszenierung strotzt vor Kalkül. Rohmer zaubert nicht, er macht eine Rechnung auf. Bei Hitchcock hieß das suspense: das Warten auf die Tat, nachdem man Täter und Waffe gesehen hat. (Auszug)
Andreas KilbIm dritten Teil des "Jahreszeiten"-Zyklus von Eric Rohmer (nach Frühlingserzählung, 1989, und Wintermärchen, 1991) begegnen sich vier junge Erwachsene während der Sommerferien am Meer. Um die drei Frauen und den Mann entstehen besonders durch seine Unsicherheit flüchtige Bindungen zwischen Freundschaft und Liebe. Mit ausgezeichneten Darstellern entwickelt Rohmer die Widersprüche zwischen Gefühl, Wort und Tat. In fast dokumentarischem Stil und mit ökonomischsten Mitteln gelingen sensible Beobachtungen von sommerlicher Leichtigkeit.
Hans Jörg MarsiliusPeut-être le plus beau film d’Eric Rohmer. Lumineux, simple et poignant, le long métrage offre l’un de ses meilleurs rôles à Melvil Poupaud.
Jérémy Gallet