Wir Bergler in den Bergen sind eigentlich nicht schuld, dass wir da sind
Fredi M. Murer, Schweiz, 1974o
In Göschenen am Fusse des Gotthards hat die Industrialisierung längst Einzug gehalten und aus den ehemaligen Bergbauern sind Angestellte und Arbeiter geworden. Im Schächental hingegen pflegt man noch die traditionelle Familien-Alpwirtschaft. Und im Dorf Bristen im Maderanertal pflegt man zwar noch die traditionelle Landwirtschaft, doch gleichzeitig verlassen täglich 250 Einwohner den Ort, um auswärts zur Arbeit oder zur Schule zu gehen.
Der Regisseur war bei der Recherche zu seinem Dokumentarfilm in der Innerschweiz genauso verblüfft wie wir als Zuschauerinnen und Zuschauer beim Lesen des Filmtitels: Anstatt auf Bergidylle trifft Fredi M. Murer auf einen komplexen Alltag der Bergbäuerinnen und Bergbauern, geprägt von zunehmender Industrialisierung und einem tiefgreifenden Wertewandel. Doch genau dies macht «Wir Bergler in den Bergen» zu einem ausserordentlichen Film: Anstatt das Ländliche zu verherrlichen, gelingt dem Regisseur ein vielschichtiges ethnographisches Porträt. Fredi M. Murer scheut dabei nicht vor der Inszenierung einzelner Szenen zurück. Der Film – der bis heute zeitgemäss erscheint – wird damit zum Vorreiter einer neuen dokumentarischen Form, bei der ethnographische Beobachtungen und durchkomponierte Inszenierungen verwoben werden. (Auszug)
Seraina RohrerDas weitausholende Werk beschreibt die Lage der Bewohner dreier Gebirgstäler im Kanton Uri. Dabei entsteht eine wirklichkeitsnahe, klischeefreie Analyse eines schweizerischen Entwicklungsgebietes, die durch eine differenzierte, ruhige Gestaltung beeindruckt. Ein bedeutendes volkskundliches, gesellschaftspolitisches und menschliches Dokument von kunstvoller Einfachheit und schöner Würde.
Redaktion